Zu wem passt Zeitarbeit? – Über den Tellerrand #7

Moin,

Ich habe in den letzten „Über den Tellerrand“-Beiträgen von meiner Arbeit als Leasingkraft im Krankenhaus berichtet. Natürlich habe ich konkret einzelne Fetzen und Themen gewählt, die ich gerne hier ausbreiten wollte. Für euch dürfte das ein sehr bruchteilhaftes Bild ergeben.

Deshalb habe ich mir gedacht, ich begebe mich mal ein bischen auf die Metaebene und verallgemeinere ein wenig. Ich werde versuchen, mich in diesem Text keiner Wertung zu bedienen. Ich liste einfach ein paar Punkte auf, die mit Zeitarbeit einhergehen.

Wenn du dich gerade fragst, ob Arbeitnehmerüberlassung ein interessantes Modell für dich sein könnte, ist es dir bestimmt eine Hilfe, dich zu den unterschiedlichen Gegebenheiten zu positionieren. Abschließend erlaube ich mir seperiert eine Meinung un Fazit.

Um möglichst viel aus meiner persönlichen Erfahrung herauszuholen, starte ich mit den Aspekten, die meines erachtens grundsätzlich Zeitarbeit betreffen unabhängig vom Job. Bitte behalte im Hinterkopf, dass selbst dies in deinem konkreten Beruf anders sein kann. In einem zweiten Teil werfe ich außerdem Aspekte ein, die ich für relevant halt, wenn man im Bereich Service & Pflege im Krankenhaus arbeitet.

Der Geist der Zeitarbeit

Das Grundprinzip besteht darin, dass mein Arbeitgeber mich an Kundenunternehmen verleiht. Das Kundenunternehmen hat keine direkte Weisungsbefugnis über mich. Ich erhalte meine Instruktionen von meinem eigenen Chef. In dessem Interesse ist natürlich die Zufriedenheit seiner Kunden und so besteht der Sinn natürlich darin zu tun, was dieser von einem erwartet. Es bedeutet aber auch, dass ich nicht jeden Misst ohne weiteres mitmachen muss. Deshalb muss man sich nicht gleich darauf beschränken nur das nötigste zu machen. Ich sage immer, wenn ihr wollt, dass euch mal jemand einen Gefallen tut, schadet es nicht, wenn ihr das auch für andere tut. Oder, um es mit alten deutschen Floskeln zu sagen: eine Hand wäscht die andere. Aber ich sagte ja, keine Wertung.

Da wo ich eingesetzt werde, ist das Personal immer drastisch unterbesetzt. Ich soll dort für Entlastung sorgen. Nie gibt es Zeit für eine richtige Einarbeitung. Ich lerne immerwieder neue Arbeitsabläufe kennen und stelle mich auf diese ein. Manches muss man erklärt bekommen. Anders kann man mit etwas mehr Aufwand selbst erschließen. Eine der ersten Dinge, denen ich nachgehe, wenn ich irgendwo neu bin, ist das Erkunden. Ich suche nach wichtigen Räumen, reiße Schränke auf und bemühe mich, mir wenigstens grob einzuprägen, wo ich die wichtigsten Dinge finde.

In manchen Einsetzen arbeitet man auf sich selbst gestellt. Bei der nächsten Dienstübergabe kann ich Tipps für die Zukunft einholen und weitere Fragen stellen. Doch bis dahin muss ich häufig improvisieren.

Für Zeitarbeiter blechen die Unternehmen ein rundes Sümmchen. Sie erwarten eine volwärtige kompetente Kraft und keine Schnupperpraktikanten. Folglich gibt es für mich keine Gnadenfrist oder großartiges Nachsehen.

Es liegt zwar nicht an mir persönlich, doch für viele Festangestellte, geht der Kontakt zu Zeitarbeitskräften mit Stellenabbau, hohen Krankheitsquoten und starker Arbeitsverdichtung einher. Auch machen einige Temas schlechte Erfahrungen und generalisieren dies zu einer sehr negativen Erwartungshaltung. Ich darf dann damit umgehen. Hierzu bedarf es eine gewisse Robustheit und soziales Geschick, wenn man den Zustand vielleicht sogar etwas beeinflusen möchte. Umgekehrt treffe ich manchmal auch auf super-liebe Leute. Es ist nicht so, dass ich noch nie Spaß auf der Arbeit gehabt hätte.

Mein Dienstplan ist nie ganz fertig. Natürlich gibt es für mich auch eine gewisse Planbarkeit, aber ich muss vieles sehr individuell mit meinem Arbeitgeber abstimmen. Manchmal werde ich noch am selben morgen informiert, wo ich in drei Stunden meinen Spätdienst antrete. Diese Flexibilität kann gleichzeitig ein Vorteil sein, wenn man selbst Wünsche hat.

Zielgruppe Patienten & Heimbewohner

Ich bin in kurzer Zeit in den verschiedensten Bereichen gewesen. Ein paar seien hier exemplarisch gelistet.

  • Altenpflegeheim
  • Geriatrie
  • Viszeralchirurgie
  • Onkologie
  • Intermediate Care
  • konventionelle Intensivstation
  • Chest Pain Unit
  • Kardiologie
  • Hals-Nasen-Ohren
  • Orthopädie
  • Dermatologie
  • Gastroenterologie
  • Cafeteria
  • Großküche
  • Kindergarten

Egal ob ich „nur“ Essen austeile oder Vitalwerte checke. Ich gehe ständig in die Zimmer und habe Kontakt zu den Patienten oder Bewohner in Heimen. Eine gewisse Höflichkeit ist angebracht. Das heißt mindestens Anklopfen, darüber informieren, was man in ihren Zimmer will, sowie Hallo & Tschüss.

Ich gehe fast tagtäglich auch mit Personen um, denen es sehr schlecht geht. Verständnis für die Situation sollte gegeben sein. Im besten Fall kann ich mich im Umgang sogar ein wenig auf die Einzelnen einstellen.

Korrekte Hygiene spielt eine ernorme Rolle. Die damit einhergehende Verantwortung. Im Alltag frist das an einigen stellen viel Zeit.

Mein Fazit

Zeitarbeit kann eine tolle Methode sein, Erfahrung zu sammeln. Als gut qualifizierte Fachkraft ist es sogar ein Weg, sehr gut zu verdienen. Wenn man sowieso immer das Neue sucht und sich gerne Herausforderungen stellt, kann das eine gute Sache sein.

Man sollte sich einerseits gut in Teams einfügen können und andererseits auch gut alleine funktionieren können. Mit der Zeit habe ich mir ein hartes Fell zugelegt und stellte mich inzwischen auf Dinge ein, von denen ich in der ersten Wochen nicht mal gedacht hätte, dass sie schief gehen könnten. Ich habe mir ein paar Arbeitsmittel selbst beschafft, die ich in jedem Einsatz bei mir trage. Das macht es mir viel leichter, wenn ich manche Dinge nicht auf Anhieb finde. Auch übertrage ich Erfahrungen aus den verschiedensten Einsätzen aufeinander und passe meine Arbeitsabläufe an, soweit das in meiner Hand liegt. Man braucht definitiv starke Nerven, wenn man jeden Tag wieder vor neue Schwierigkeiten gestellt wird. Man sollte sich außerdem gut selbst organisieren können. Man sollte also niemand sein, der schnell überfordert ist oder viel auf Motivation von außen angeweisen ist.

Das Einsatzfeld Krankenhaus ist speziell. Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass das nichts für jeden ist. Das ist aber keine Entschuldigung dafür, tortzdem dort zu sein und alle damit zu belasten. Gerade im Hilfssektor gibt es bestimmt viele Alternativen. Betten aufschütteln kann man z.B. auch im Hotel. Natürlich dürfen ein schwere Schicksale berühren. Es ist aber ein absolutes No-Go, wenn eine Servicekraft auf dem Flur, oder noch schlimmer im Patientenzimmer ihre Gefühle nicht unter Kontrolle hat. Eher wäre es angebracht für die Patienten stark zu sein und sich ihnen gegenüber nicht anmerken zu lassen, dass einen das mitnimmt. Das gelingt auch „starken“ Personen nicht immer. Ich will nur darauf hinaus, dass das krasse Gegenteil nicht sein sollte. So erlebte ich eine Zeitarbeiterin, die gerdae einen halben Tag auf der Onkologie war und dann auf dem Flurboden getröstet werden musste. Es sei ja alles so deprimierend hier, sagte sie. Ich war mir nicht ganz sicher, ob sie mir leid tat oder ob ich einfach irritiert war. Ich dachte schon sie würde ein persönliches Schicksal verarbeiten, aber sie verneinte, dass sie jemanden kenne, um den es ihr ging. Die gute Frau sollte dringend woanders eingesetzt werden. Was passiert denn erst, wenn sie ein Zimmer zurecht machen soll, weil der vorherige Patient gerade abgedankt hat?

Wenn es um Arbeitssicherheit und Hygiene geht, sollte man sich nicht von anderen Leuten zum Schlampen animieren lassen. Schlimm genug, dass die es nicht richtig machen. Bin ich im Service eingesetzt, habe ich manchmal keinen Zugriff auf die Information, mit welchem Keim ein Patient isoliert ist. Im Zweifelsfall lieber zu viel als zu wenig machen. Ich sollte mir einen Kopf darüber machen, wie ich die Keime isolliert halte. Essenstabletts kann ich direkt in den dafürvorgesehenen Wagen packen. Gibt es Geschirr, welches auf Station verbleibt? Läuft erstmal der Geschirrspüler, darf ich es nicht versäumen, die Flächen zu desinfizieren, die entweder das Geschirr selbst oder die Handschuhe, mit denen ich es berührt habe dran waren. Das soll hier keine Hygiene-Schulung werden, trotzdem wird denke ich deutlich, wie weitreichend die Sache eigentlich ist. Deshalb darf Zeitdruck oder „sozialer Druck“ (jemand findet das übervorsichtig/albern) kein Hinderungsgrund sein. Über den Spruch „Brauchste nicht. MRSA haben wir doch eh schon alle.“ habe ich neulich unsicher gelacht und gehofft, dass es wirklich im Scherz gemeint war.

Mehr fällt mir gar nicht ein. Das sind ja auch schon einige Impresionen. Solltest du Fragen haben, kansst du diese natürlich gerne als Kommentar stellen und ich versuche sie zu beantworten. Hat mich wie immer gefreud.

Beste Grüße

DerOperateur



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