Was du über Händedesinfektion wissen musst

Aktualisiert am 17.06.2020 (Grund: Titel-Änderung zur besseren Zuordnung)

Die hygienische Händedesinfektion

Die Hygienische Händedesinfektion im Kontext der Individualhygiene

In Einrichtungen des Gesundheitswesens, aber z.B. auch in der Gastronomie, spielen Hygienemaßnahmen eine besondere Rolle, zur Vorbeugung von Krankheiten.

Das geschieht indem pathogene Mikroorganismen in ihrer Anzahl gemindert, abgetötet oder sogar vollständig entfernt werden.

Die effektive Vermeidung nosokomialer Infektionen kann nur durch die Kombination vieler Maßnahmen erreicht werden. Ein Teil davon ist die persönliche Hygiene des Personals. Viele Berufsgruppen haben ständig wechselnden Patientenkontakt. Um nur einige zu nennen ärztliches, pflegerisches und therapeutisches Personal, sowie Servicekräfte. Deshalb liegt es in ihrer Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sie die Keime nicht verteilen. Zum einen sollen die Erreger aus der Patientenflora nicht auf andere zu behandelnde Personen übertragen werden, zum anderen sollen auch Kreuzkontaminationen auf diversen Oberflächen vermieden werden. Abschließend ist auch die Gesunderhaltung des Personals ein wichtiger Aspekt. Zur persönlichen Hygiene gehören die allgemeine Körperpflege, die hier nicht im Detail behandelt wird, sowie auf die Arbeitsbelastung spezifisch zugeschnittene Maßnahmen. Hierzu gehören unteranderem die folgenden Aspekte:

  • Arbeits-/Bereichskleidung
  • Schutzkleidung
  • Schuhwerk
  • Keimarme / sterile Handschuhe
  • Hygienische Händedesinfektion
  • Chirurgische Händedesinfektion

Indikatione zur hygienischen Händedesinfektion

Die Aktion Saubere Hände bewirbt die Big Five der hygienischen Händedesinfektion, denen man konkrete Punkte unterordnen kann:

  • Vor sowie nach Patientenkontakt. Zum Beispiel:
    • Patientenlagerung & Wundabdeckung
  • Vor einer aseptischen Tätigkeit. Zum Beispiel:
    • Öffnen von Sterilgut & Aufziehen von Medikamenten.
  • Nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material. Zum Beispiel:
    • Zählkontrolle abgeworfener Verbandsmaterialien & Entsorgung genutzter Siebe
  • Nach Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung. Zum Beispiel:
    • OP-Tisch & Lagerungshilfsmittel

Um die Reinheit im OP-Saal zu gewährleisten kommen hier noch die folgenden Situationen hinzu:

  • Vor Betreten und nach Verlassen des OP-Trakts
  • Vor Betreten und nach Verlassen des OP-Saals
  • Vor sowie nach Essen und Trinken in der Pause
  • Nach der Benutzung von Schaltern, Klinken, Telefon und Tastatur
  • Nach Kontakt zum Boden

Werden Handschuhe getragen, z.B. bei der Durchführung von Maßnahmen mit infektiösem Material oder bei Patientenkontakt, liegt der Zeitpunkt der Händedesinfektion direkt nach dem Ausziehen. Die Desinfektion mit Handschuhen kann im Einzelfall erwogen werden, da eine geminderte Wirksamkeit nicht nachgewiesen werden konnte. Allerdings ist zu beachten, dass einige Materialien, aus denen Einmalhandschuhe hergestellt werden, darunter leiden, und sie so durchlässiger werden könnten. Daher ist hiervon eher abzuraten.

Voraussetzungen für eine erfolgreiche hygienische Händedesinfektion

Zu Beginn des Arbeitstages sollten die Hände zu nächst mit Seife gewaschen werden, um Sporen zu beseitigen, gegen die alkoholische Desinfektionsmittel nur unzureichend wirken. Auch bei sichtbaren Verschmutzungen oder nach Benutzung der Toilette ist dies angezeigt. Wegen des entfettenden Effektes und den verstärkten Angriff der residenten Hautflora sollte die Waschung möglichst selten erfolgen. Die hygienische Händedesinfektion entfernt die transiente Flora fast vollständig und die transiente Flora nur Teils.

Auch wenn moderne Handdesinfektionsmittel in unterschiedlichen Konzentrationen rückfettende Zusätze enthalten, kommen Hautschutz und -pflege große Bedeutung zu. So wird rissiger Haut vorgebeugt und ihr Regenerationsprozess gefördert. Die Hygieneabteilung stellt hierzu einen Hygieneplan zur Verfügung, nachdem sich die Arbeitskräfte richten sollten. In der Regel werden vor Arbeitsbeginn, also auch am Pausenende, Hautschutzemulsionen aufgetragen, die ein Aufquellen der Haut vermeiden. Nach Arbeitsende und zu Pausenbeginn wird eine regenerieurngsfördernde Pflegeemulsion verwendet. Auch in der Freizeit sollte die Haut gut gepflegt werden.  

Ist die Haut nicht intakt können sich Erregerreservoirs bilden, die von dem Desinfektionsmittel nicht bekämpft werden können. Gleiches gilt für Ringe, Handgelenkschmuck, Nagellack und künstliche Fingernägel. Auch sollten die Fingernägel kurzgehalten werden, sodass sich darunter kein Schmutz sammeln kann. Um erfolgreich einen Rückgang nosokomialer Infektionen zu verzeichnen, bedarf es nicht nur der richtigen Technik, sondern auch stimmiger Rahmenbedingungen. Neben der Installation der Desinfektionsspender an den jeweils relevanten Orten gehört dazu auch die Compliance der Mitarbeiter*innen. Mit der regelmäßigen Erfassung spezieller Fragebögen, kann man in Rahmen von Studien messen, in wie viel Prozent der angezeigten Situationen Betroffene tatsächlich eine hygienische Händedesinfektion durchführen. Faktoren wie z.B. Zeitdruck, der durch andere Personen, die auf jemanden warten müssen, zu sozialem Druck wird, beeinflussen die Compliance-Rate negativ. Sie sind von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz und Team zu Team unterschiedlich. Wie sich durch eine Auswertung der Aktion „Saubere Hände“ nach deren Einführung 2012 zeigte, hatte die einheitliche Fortbildung im Sinne einer reinen Informationsvermittlung zwar einen hohen kurzfristigen Erfolg (von 55 auf 74 % innerhalb eines Jahres). Langfristig hingegen sank die Compliance-Rate fast auf die Ausgangslage zurück (56 % nach zwei Jahren). Eine Mitbegründerin dieser Maßnahme Prof. Dr. Chaberny reagierte darauf mit weiteren Nachforschungen im Bereich der Verhaltenspsycholgie. Wie Thiemes CNE-Magazin im Mai 2017 berichtete, entstand das Konzept „Psygiene“. Neu waren maßgeschneiderte Fortbildungen, die sich an den Befragungen der Fachkräfte aus dem zu schulenden Team beruhen. Schon 2015 konnte der Erfolg der neuen Studie durch Zahlen validiert werden. Die Compliance-Rate stieg im zweiten Jahr nach Einführung der maßgeschneiderten Fortbildung sogar weiter an. Dies zeigt, dass es nötig ist auf die individuellen Faktoren in einer Arbeitssituation einzugehen. Die Pflegekräfte und Ärzte auf einer gastroenterologischen Station müssen also anders geschult werden, als das Team einer Intensivstation. Das „Psygiene“-Konzept lehrt uns, dass es wichtig ist die reale Situation der Fortbildungsteilnehmer*innen zu berücksichtigen und ihnen Werkezuge mit an die Hand zu geben, die sie im Alltag einsetzen können, um dem hohen hygienischen Anspruch trotz Wiederständen gerecht zu werden.

Durchführung der hygienischen Händedesinfektion

Zunächst sollte sichergestellt werden, dass die Hände trocken sind. Wasser wirkt zum einen Verdünnend und fördert zum anderen in Kombination mit dem Desinfektionsmittel Hautirritationen.

Beim Einsatz einer Kittelflasche sollte die Menge des Desinfektionsmittels großzügig gewählt werden. Damit keine Kontamination der Kitteltasche erfolgt, wird mit den feuchten Händen die Oberfläche der Flasche abgerieben, bevor die Desinfektion selbst erfolgt. Ein Spender kann mit dem Ellenbogen bedient werden. Dies ist nur bei der chirurgischen Händedesinfektion obligatorisch. Dazu, ob es bei der hygienischen Variante einen Effekt hat, gibt es unzureichend Daten. Es ist jedoch ratsam, um sich kein Fehlverhalten anzugewöhnen.

Die Hände sollten für dreißig Sekunden feucht benetzt sein. Die KRIKO empfiehlt 3-5 ml, je nach Handgröße. Bei speziellen Keimen, wie z.B. dem Norovirus, muss eine längere Einwirkzeit eingehalten werden. Aufschluss darüber sollte der Hygieneplan geben. Die Aktion Saubere Hände weist lediglich darauf hin, dass Daumen, Fingerkuppen und Nagelfalze besondere Beachtung geschenkt werden müssen. Diese individuelle Methode zeige bessere Ergebnisse, als feste Vorgaben. In der EN 1500 ist hingegen ein solches starres Vorgehen geregelt:

  1. Desinfektionsmittel in trockene Hohlhand geben.
  2. Handfläche gegen Handfläche reiben.
  3. Rechte Handfläche über linkem Handrücken und umgekehrt.
  4. Außenseite der Finger auf gegenüberliegende Handflächen mit verschränkten Fingern.
  5. Kreisendes Reiben der Daumen in der geschlossenen Handfläche.
  6. Kreisendes Reiben der geschlossenen Fingerkuppen in der Handfläche, beidseitig.

Quellen

Dülligen, M., Kirov, A. and Unverricht, H. (2017). Hygiene und medizinische Mikrobiologie. 7. Auflage Stuttgart.

Institut für Hygiene und Umweltmedizin (Hg.): Die Aktion Saubere Hände. Online verfügbar unter http://www.aktion-sauberehaende.de/ash/ash/, zuletzt geprüft am 12.05.2018.

Bundestag u. Bundesrat (01.01.2001): Infektionsschutzgesetz, vom 17.06.2017.

RKI (2016): Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens: Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) (2016). In: Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz 59 (9), S. 1189–1220.

Schwencke, Silja (2017): PSYGIENE – Hände im Rampenlicht. In: CNR.magazin 10 (3), S. 18-20.



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