„Ich denke nie an die Zukunft. Sie kommt früh genug.“ – Bauleiter des OP-Trakts, Charité Berlin Mitte

Das ist ein Kommentar zum Artikel „Brandbrief der Charité-Mitarbeiter – Pfleger und Ärzte kritisieren neuen OP-Trakt als gesundheitsgefährdend“ vom 06.08.2017 auf rbb-online.de.

Moin,

Mein dritter Post und es wird reglrecht politisch. Es ist, was mich gerade beschäftigt. So ist das halt. Kennt ihr die Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling? Fantastisches Werk. Kann ich immer und immerwieder hören.* Ein Phänomen daraus sind die falsch zugeordneten Zitate. „Ich denke nie an die Zukunft. Sie kommt früh genung.“ ist übrigens im Original von Albert Einstein. Es passt so allerdings besser.

Was bisher geschah

Vielleicht weiß der Eine oder Andere schon, worauf das hier hinausläuft. Wer seit vorgestern mal „Charité“ gegoogelt hat oder den rbb verfolgt, der hat es bereits mitbekommen. An der Universitätsklinik wollen einige Mitarbeiter morgen streiken. Ein Grund ist unter anderem mal wieder Personalknappheit. In dem Brandbrief geht es aber insbesondere um ein ganz konkretes Thema. Geübt wird heftige Kritik am neuen OP-Trakt, der Teil das blitz- und nagelneuen Bettenhauses in Berlin Mitte ist. Eine anonyme Pflegerin spricht von zu wenig Platz, zu langen Wegen und auch von Gefährdung der Patienten. An stelle von Vorbereitungsräumen für die OP-Säle, gebe es einen einzigen großen Bereich für die Patienten vor und nach der Operation. Er werde auch liebevoll „Wartehalle“ genannt unter Kollegen. Dies verstärke die Aufregung bei den ohnehin gestressten Patienten. Wirklich daurm kümmern könne man sich auf Grund der Personalknappheit nicht. Kann ich mir gut vorstellen. Sie und ihre Kollegen sehen vor allem den mangelnden Platz zwischen den Liegeflächen als Gefahr, berücksichtige man Patienten mit z.B. MRSA-Erreger. Außerdem komme man durch Platzmangel nur erschwert an benötigte Geräte im Notfall. Auch die Berliner Morgenpost berichtete heute davon im Artikel „Charité-Pflegekräfte treten in einen ‚Aktionsstreik'“. Wer sich ein genaues Bild machen möchte ist herzlich eingeladen, erst diese und eventuell auch weitere Artikel zu lesen, bevor er hier fortfährt.

Worauf ich (eigentlich) hinaus möchte

Es scheint mir, ich bin schon zu sehr abgestumpft, um dazu die nötige Empörung aufzubringen. Irgendwie wäre es auch unfair, jetzt nur auf die Charité zu zeigen und so zu tun, als wäre soetwas nur dort denkbar. Natürlich besteht in diesem konkreten Fall jetzt Handlungsbedarf. Es ist gut, dass es Menschen gibt, die sich daggegen aufbäumen. Ich unterstütze euch im Geist. Weiter so! (Mehr kann ich gerade leider nicht tun.)

Doch mich beschäftigt vielmehr ein generelles Unverständnis, wie soetwas möglich ist. Darum stelle ich diese ins Universum gerichtete Frage „Wie? Wie kann es sein, dass man bei der Planung die offensichtlichsten Dinge übersieht?“ Ich stelle mir vor, wie jemand über den Bauplänen hockt und sich selbst zu spricht: „Wird schon irgendwie klappen.“ Jetzt versteht ihr sicherlich, wie ich auf das titelgebende „Zitat“ kam. Mir ist ja klar, dass es nicht einfach ist, ein Krankenhaus bzw. im engeren Sinne einen OP-Trakt zu planen. Doch deswegen machen es ja auch Spezialisten. Sorry, ich kann es mir nicht verkneifen, hier ist die Flughafen-Keule. Können wir in Deutschland nicht mehr bauen, oder geht es sogar allen so?

Ganz praktisches Beispiel aus eigener Erfahrung: Ich habe neulich jemanden in einer orthopädischen Rehabilitations-Klinik besucht. Dort durfte ich mit eigenen Augen sehen, dass die Patiententoilette zu dicht an der Wand angebracht ist, um sich dort mit frischer Hüftprothese einigermaßen hinzusetzen. Zusätzlich ist der kantige metallene Klopapierhalter dort so schön platziert, dass man aufpassen muss sich daran nicht zu schneiden. Was soll das? War das nicht abzusehen?

Ich denke mal, es sind nicht nur die Baufachleute (Architekten, technische Leiter, usw.). Verwaltungen & Auftraggeber können sich da sicherlich nicht heraushalten. Wahrscheinlich ist es ein Kommunikationsproblem, wie bei vielen Betriebsabläufen. Man könnte doch die Leute fragen, die wissen, worauf es ankommt. Wer diesen Vorschlag für offensichtlich und daher überflüssig hält, den frage ich, wieso das wissen dann fehlt. Häufig sind es ja auch Entscheidungen, die als Zahl für die BWL’er gut aussehen und in der Praxis keinen Sinn ergeben. Irgendwer hat vielleicht gesagt: „Wenn wir es so machen, sparen wir ganz viel Geld.“ Geht es also darum, Geld zu sparen? Wäre natürlich plausibel, in der Welt, in der wir leben. Doch was bringt das, wenn der laufende Beitreb dann nicht bzw. nur sehr mangelhaft funktioniert. Das ist doch aus wirtschaftlicher Sicht genauso bedenklich, denkt man einfach mal mittel- und langfristig. Mal ganz abgesehen von der Patientengefährdung, die angeblich existiert. (Ich maße mir jetzt nicht an auf Grund einer Aussage zu beurteilen, wie schlimm es wirklich um die Patientensicherheit steht. Doch ich halte das Gesagte durchaus für plausibel und möglich.)

Das sind meine Gedanken dazu. Es ist keine Lösung und es soll auch keine Schuldzuweisung sein. Es ist lediglich der Versuch, nachzuvollziehen, wie soetwas passiert. Wenn ihr dazu auch Ideen habt, schreibt sie gerne in die Kommentare. Und denkt bitte daran, seit lieb zueinander und äußert euch differneziert.

 

Beste Grüße

DerOperateur

 

*Vom Autor selbst gelesen, ist das Erlebnis prefekt. Das überrascht auch nicht, da er als Poetry Slamer begann, soweit ich weiß.



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